<< Archiv 2014

 

JOURNAL EINER TANSANISCHEN REISE

JOURNAL EINER TANSANISCHEN REISE

Wenn die Liebe siegt!


29.7.2014

von Milena Schaller, Gründerin der Stiftung Nuru.

 

 

Lieber Leser, liebe Leserin, liebe Freunde Lwizas

 

Mein letzter Bericht, in dem ich Ihnen von der Lebens- und Leidensgeschichte Lwizas erzählte, liegt schon eine Weile zurück. Doch fast jeder einzelne Tag, der bisher auf meiner Tansania-Reise vergangen ist, trägt den Namen Lwiza.
Die vergangen Tage sind einerseits von Glück geprägt, sie sind vom Leben geprägt, von der Liebe und der Hoffnung, aber auch von Verzweiflung, von Sprachlosigkeit und Unverständnis. Und doch: Innerhalb von drei Wochen haben wir es geschafft, einem Kind das Leben zu retten und besser noch, wir haben einem Kind, welchem die Türen des Lebens so grausam verschlossen wurden, Licht geschenkt. Wir haben Lwiza eine helle Tür zu einem neuen, hoffnungsvolleren Leben geöffnet und genau dafür, liebe Leserin, lieber Leser, steht die Stiftung NURU mit all ihren Möglichkeiten ein.

 

Erste Abklärungen zu Lwizas Gesundheitszustand

Lwizas Lebensgeschichte und sein Gesundheitszustand lösten in mir einen Schock aus. Nachdem ich mich so gut als möglich davon erholt hatte, stellte sich bald die Frage, wie sich die Gesundheit dieses Jungen wohl weiterentwickeln würde. Gibt es Überlebenschancen? Wenn ja: Sind heilbringende Medikamente auch hier in Tansania verfügbar? Ist diese erschreckende Form von Unterernährung überhaupt überwindbar? Unzählige Fragen dieser Art quälten mich Tag und Nacht. Von den Krankenschwestern und Ärzten in Lwizas Spital erhielt ich kaum Informationen. Das Muhimbili Hospital ist, wie wir später erfuhren, das grösste öffentliche Spital Tansanias. Die Arbeitsbedingungen der Angestellten sind miserabel – Arbeitspensum und Lohn stehen in einem katastrophalen Verhältnis – und so verlieren die Pflegerinnen und Pfleger jede Motivation, sich für das Überleben der Patienten einzusetzen, geschweige denn, die Patienten als Individuen anzusehen. Ich wusste, dass ich mir anderswo Hilfe suchen musste und nahm mit Fredy Gräni, unserem Stiftungsratspräsidenten, Kontakt auf. Seine Prognose war erschreckend und hart. Fredy meinte, dass Lwiza nur mittels einer ganz präzisen und enorm starken HIV-Therapie überleben könne und noch sei sein Körper zu schwach für diese aggressive Medikation. Ausserdem brauche diese Art von Behandlung regelmässige Blutkontrollen und eine grosse Erfahrung des behandelnden Arztes. Ob die Behandlung in Tansania überhaupt möglich wäre, wussten wir nicht. Ich war Fredy für seine genauen Informationen und Hinweise dankbar. Endlich kannten wir einige Fakten zu Lwizas Gesundheitszustand. Wir verstanden langsam besser und auf der Basis eines Mindmaps, in dem wir Meilensteine des Krankheitsverlaufs festhielten, konnten wir nun mit anderen tansanischen Ärzten Kontakt aufnehmen. Denn es ging ja vor allem darum, zu erfahren, was im Land selbst für Möglichkeiten bestehen, um Lwizas Leiden allmählich zu lindern.

 

Doctor Damian – eine herzliche Begegnung

Wir trafen Doctor Damian, einen AIDS-Spezialisten aus Dar es Salaam. Nach einer einstündigen Fahrt in ein abgelegenes Dorf fanden wir Doctor Damian neben seinen kleinen Behandlungszimmern für aidskranke Patienten unter einem Baum sitzend. Der kleine Hocker, den ihm als Bürotisch diente, war mit Krankenakten übersät. Der strahlende Doktor begrüsste uns mit einer Umarmung. Rund zwei Stunden sassen wir zu dritt unter diesem Baum und diskutierten über Lwiza und seinen Gesundheitszustand. Doctor Damian schilderte Fakten, erzählte von seinen Erfahrungen mit AIDS-Patienten, von Wundern und Therapiemöglichkeiten.

 

Die heilbringende Medikation, so erfuhren wir an diesem Tag, sei auch in Tansania vorhanden und für AIDS-Patienten sogar kostenlos erhältlich. Er zeigte uns auf, dass es in erster Linie darum gehe, Lwizas Durchfall und Erbrechen zu stoppen, damit er wieder an Gewicht zunehmen könne. Die Gewichtszunahme würde sein Immunsystem stärken und die strake AIDS-Medikation wäre für Lwizas Körper erträglicher. Er machte uns eine Liste mit den nötigen Medikamenten, die den Durchfall stoppen würden. Er sah eine Chance von fünfzig Prozent, dass Lwiza überleben würde, er strahlte grossen Optimismus aus. Doctor Damian war für Lwiza zweifellos ein Glücksfall.

 

Gleich am nächsten Tag verabredete ich mich mit dem Chefarzt der Station, auf der Lwiza behandelt wurde. Ich schilderte ihm meine Erlebnisse und erklärte ihm, wie andere Ärzte den Gesundheitszustand Lwizas bewertet haben und wie man weiterfahren könnte. Dank der Medikation, die von Doctor Damian verordnet wurde, erholte sich Lwiza vom Durchfall. In der nächsten Woche stieg sein Gewicht von vierzehn auf achtzehn Kilogramm. (Achtzehn Kilogramm sind das Normalgewicht eines vierjährigen Kindes. Der zwischen neun und zwölf Jahre alte Lwiza war immer noch stark untergewichtig.) Für uns war es aber ein Geschenk, ein Schritt in Richtung Besserung.

 

Die Schwierigkeit, ein passendes Kinderheim zu finden

Zeitgleich suchten wir ein neues Zuhause für Lwiza. Ich machte in dieser Zeit täglich unzählige Anrufe, ich schrieb E-Mails, ich suchte im Internet nach Kinderheimen in der Umgebung Dar es Salaams. Fabienne und ich besuchten verschiedene Projekte. Ein tolles Projekt war das SOS Kinderdorf in Dar es Salaam. Über hundert Kinder, die dort in sogenannten Ersatzfamilien aufwachsen, werden liebevoll umsorgt und diese Kinder sind strahlend, ja sie sind lebend. Ein hoffnungsvolles Projekt. Nach einem Telefonat mit dem Direktor des Kinderdorfs bot er uns an, am nächsten Tag in sein Büro zu kommen, um über Lwiza zu diskutieren. Voller Hoffnung erschienen wir am Treffen. Der Direktor hörte mir aufmerksam zu. Doch seine Antwort war die, die ich nicht mehr hören wollte, weil ich sie von allen anderen Verantwortlichen von Kinderheimen schon zu oft gehört hatte: Man nehme nur Kinder bis zu sechs Jahren auf. Ausserdem seien Strassenkinder zu gefährlich, weil die Vergangenheit gezeigt habe, dass Strassenkinder, welche sexuell missbraucht wurden, zur Gefahr für andere Kinder werden könnten, da sie das Erlebte teilweise selber ausgeübt hätten. Viele Kinderheime würden auch gar keine Kinder mit AIDS aufnehmen.

 

Viele Fragen bedrückten mich: Sind es nicht Kinder wie Lwiza, die genauso ein besseres Leben verdient hätten? Wo sollen diese Strassenkinder hin? Ist es fair, ein sexuell missbrauchtes Kind nicht aufzunehmen, um die anderen Kinder zu schützen, wenn der Verdacht auf einen sexuellen Missbrauch auf anderen Fällen aus der Vergangenheit beruht? Müssten solche Projekte nicht geschult sein, genau diese Kinder wieder gesellschaftsfähig zu machen, damit sie keine Gefahr darstellen?

 

Ein steiniger Weg

Wir verloren die Hoffnung nicht und wir glaubten fest daran, dass es in Tansania mindestens ein Plätzchen geben musste, wo Lwiza eine neue Chance zum Leben erhalten würde und so kämpften wir weiter. Der Direktor des SOS Kinderdorfs konnte, wie gesagt, Lwiza nicht aufnehmen, jedoch bot er uns an, sich den Jungen einmal anzusehen. Wir hofften so sehr, dass der Anblick Lwizas etwas in ihm auslösen würde. Ausserdem konfrontiere er uns mit der Tatsache, dass wir uns unbedingt beim Sozialamt melden müssten. Denn in Tansania trägt das Sozialamt die Verantwortung für Strassenkinder und schlussendlich sei es auch das Sozialamt, welches darüber entscheide, ob Lwiza transferiert werden dürfe oder nicht. Noch am selben Tag besuchten wir das Sozialamt und sprachen mit dem Sozialarbeiter Muhali. Das Ziel der tansanischen Sozialarbeiter ist es, die Familie der Strassenkinder zu suchen, um die Kinder dann wieder in die Familie zurückzubringen und, falls diese nicht auffindbar ist, ein Waisenheim zu suchen. Muhali war fest davon überzeugt, dass erst die Familie Lwizas gesucht werden müsse. Ich war nicht begeistert von dieser Idee und versuchte ihm aufzuzeigen, dass dies bei Lwiza keinen Sinn machen würde. Denn wäre die Familie wohlhabend, dann hätten sie sicher nach Lwiza gesucht während all den Jahren, die er auf der Strasse verbrachte. Für eine arme Familie wäre es schlicht nicht mögich, sich um Lwiza zu kümmern, der während seines ganzen Lebens medizinisch betreut werden muss und auf eine spezielle Pflege angewiesen ist. Ich zeigte Muhali auf, dass sich Lwiza schon im dritten Stadium des AIDS befinde und wir gezwungenermassen einen Platz suchen müssten, wo Lwiza die benötigte und gezielte medizinische Betreuung erhalten würde. Er willigte ein, dass ich weitersuchen dürfe und verlangte zugleich einen Polizeirapport und einen Rapport des Verantwortlichen des Kinderheims Chakuwama, in dem ich Lwiza gefunden hatte.

 

Am nächsten Tag stand das Meeting mit dem Verantwortlichen des SOS Kinderdorfs an. Wir wollten uns mit ihm im Spital treffen, um Lwiza gemeinsam zu besuchen. Er erschien nicht und entschuldigte sich mit einem wichtigen Meeting, welches sich ausserhalb der Stadt befinde. Er bot uns aber an, am nächsten Tag zu kommen. Obschon Fabienne und ich einen Tag Auszeit auf einer Insel geplant hatten, willigten wir natürlich ein. Er ist auch am nächsten Tag nicht erschienen und antwortete weder auf unsere Anrufe noch auf unsere Mitteilungen. Wir waren enttäuscht, ja, wir fühlten uns hintergangen und im Stich gelassen. Von einem Direktor eines eigentlich so vielversprechenden Projekts hätten wir uns wirklich etwas anderes erwartet. Zudem war der Abschied nach dem Spitalbesuch an jenem Tag hart: Als ich mich von Lwiza verabschieden wollte, schrie er und umklammerte mich mit seinen dünnen Ärmchen so fest er nur konnte. Es zerriss mir fast das Herz.

 

Ein Telefonanruf verspricht Hoffnung

Ich konnte nicht schlafen in jener Nacht und ich wusste: Mein Kampf muss weitergehen. Um acht Uhr morgens begann ich mit Telefonieren und meldete mich bei einem Leiter eines Kinderheims in Moshi «Kilimanjaro Orphanage». Ich habe mich eine Woche zuvor schon bei ihm gemeldet und er hat mich gebeten, ihm eine E-Mail mit der Lebensgeschichte Lwizas zu schreiben. Ich tat dies und hatte bis dahin nichts mehr von ihm gehört. Ich kannte dieses Kinderheim, ich habe es letztes Jahr selber besucht und es ist ein tolles Projekt. Ein pensionierter amerikanischer Arzt, Doktor Greg, arbeitet dort. Er lebt in Tansania und ist sozusagen Langzeit- Freiwilligenhelfer in diesem Kinderheim. Es gibt wohl kein anderes Projekt in ganz Tansania, wo die Kinder medizinisch so gut betreut werden. In diesem Projekt sah ich einen Hoffnungsschimmer, auch weil ich wusste, wie sehr die Verantwortlichen dort mit Herz und Seele arbeiten. Ich rief Teacher Edward Lazzaro an. Er hatte das Projekt aufgebaut. Ich konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten, als ich ihm erneut von Lwiza erzählte und von meinem Kampf, einen Platz für ihn zu finden und ich bat ihn sehnlichst, diesem Jungen zu helfen. «I understand, give me half an hour and I will call you back. I am sure, we can take the boy!» war seine Antwort. Exakt zwanzig Minuten später rief er zurück und versicherte mir, er werde Lwiza aufnehmen. Meine Verzweiflung und meine Arbeit für diesen Jungen hätten ihn berührt und es sei seine Lebensaufgabe, solchen Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Ich könne ihn bringen, wann immer ich wolle und er werde Lwiza bei seiner Familie zu Hause aufnehmen, da er spezielle Pflege und Aufmerksamkeit benötige. Ein riesengrosser Stein fiel mir vom Herzen und trotzdem spürte ich, dass ich angespannt blieb. Ich wusste, dass ich erst dann Erleichterung finden würde, wenn ich Lwiza selbst zur Familie gebracht und das neue Lebensumfeld gesehen haben würde. Ich informierte das Sozialamt über die Zusage des Kilimanjaro Orphanage. Sie willigten ein und ich dachte, es sei soweit alles geklärt mit dem Sozialamt, sodass es nur noch darum ginge, den Transport nach Moshi zu organisieren. So leicht war es dann doch nicht.

 

Ein weiterer Rückschlag

Fabienne und ich flogen am nächsten Tag nach Moshi, um von dort aus einige Tage in den Nationalparks Tansanias zu verbringen. Gleichzeitig organisierte ich Lwizas Transport. Zwei junge Frauen des Kinderheims Chakuwama sollten Lwiza nach Moshi bringen, wo ich sie dann empfangen würde, um Lwiza zu seiner neuen Familie zu begleiten. Der Leiter des Kinderheims Chakuwama willigte ein, forderte mich aber auf, Muhali, den Sozialarbeiter, zu informieren. Das tat ich noch am selben Abend und unser Telefonat endete in einem grossen Streit, bei dem mir das Telefon aufgelegt wurde. Er brauchte scheinbar noch einige Dokumente, Rapporte und Briefe von verschiedenen Stellen und Muhali wollte mich unbedingt zusammen mit seinem Vorgesetzten treffen, was bedeutete, dass ich früher als geplant von Moshi zurück nach DAR fliegen musste. Ich brach die Safari früher als geplant ab, um die Verantwortlichen des Kilimanjaro Orphanage zu besuchen und sicherzustellen, dass dort alles vorbereitet war und um sie in den Prozess des Sozialamtes miteinzubeziehen. Ich traf Doctor Greg und seine Ehefrau, welche mich schon seit Tagen zu kontaktieren versuchten und überglücklich waren, mich zu sehen. Wir besprachen die Situation und die weiteren Vorgehensschritte. Wir umarmten uns zum Abschied und wieder hatte ich Menschen getroffen, welche ihre Aufgabe darin sehen ihre Liebe mit benachteiligten Menschen zu teilen. Einfach wunderbar.

 

Am nächsten Tag schon flogen Fabienne und ich nach Dar es Salaam zurück, damit ich zum wichtigen Treffen mit dem Vorgesetzten Muhalis erscheinen konnte. Zusammen mit Hassan, dem Leiter des Kinderheims Chakuwama, traf ich also Muhali. Der Vorgesetzte, der scheinbar alles daran gesetzt hatte, mich zu treffen, erschien nicht. Ich wurde interviewt, musste Fragen zu meiner Person und meiner Arbeit beantworten. Dann wurde ich über das weitere Vorgehen informiert. Es hätte noch eine Abklärung eines Arztes des Sozialamtes gebraucht, der Lwiza nochmals medizinisch hätte untersuchen müssen. Ich verstand das einfach nicht, da auch dieser Arzt nichts am Gesundheitszustand Lwizas hätte ändern können und es mehr als genug Ärzte gab, die Lwizas Gesundheitszustand mittlerweile gut kannten.

 

Ich war müde! Ich war müde von der Warterei, von den sich immer wieder verändernden Prozessen, ich war müde, mit Sozialarbeitern zu kämpfen, die mir immer wieder Steine in den Weg warfen, obwohl ich ihren Job ausführte, obwohl ich für Lwiza sorgte. Und das liess ich Muhali auch deutlich spüren und siehe da: Eine halbe Stunde später wurde mir gedankt für meine Arbeit und ich erhielt ab sofort die Bewilligung, Lwiza nach Moshi zu bringen. All die Prozesse seien nun nicht mehr nötig, man hätte nun verstanden, um was es mir gehe.

 

Eine herzliche Familie – Lwiza bekommt eine Chance

Nun war auch diese Hürde genommen und es ging jetzt lediglich darum, alle Dokumente zusammenzubringen und Lwiza nach Moshi zu bringen. Ich organisierte den Transport, eine Unterkunft in Moshi, Kleidung und Toilettenartikel für Lwiza.

 

Am vergangenen Mittwoch reiste ich mit Lwiza und zwei jungen Frauen aus dem Kinderheim Chakuwama nach Moshi. Die knapp neunstündige Fahrt belastete Lwiza. Er übergab sich einige Male, hatte wieder Durchfall und fühlte sich sichtlich unwohl. Wir waren alle froh, als wir Moshi endlich erreichten.

 

Im Kinderheim empfing uns auch schon Teacher Edward, der neue Vater Lwizas. Lwiza wurde herzlich umarmt und durfte auf der Fahrt zum Haus Edwards auf dem Vordersitz des Autos mitfahren. Der Vater streichelte Lwiza während des ganzen Wegs. Vor dem verschlossenen Tor zur Hauseinfahrt hupte Edward, ein Zeichen für den Sicherheitsbeauftragten, das Tor zu öffnen. Lwiza musste lachen und forderte seinen neuen Vater auf, erneut zu hupen. Die beiden fanden es richtig lustig, immer wieder die Autohupe zu betätigen und sie lachten aus ganzem Herzen. Nie zuvor habe ich Lwiza so lachen gehört. Auch Lwizas neue Mutter empfing uns herzlich und nahm Lwiza in den Arm: «Willkommen, Lwiza! Das ist dein neues zu Hause und du kannst uns von nun an Mama und Baba nennen.» Lwiza schmiegte sich in die Arme seiner neuen Mutter, die ihn liebevoll streichelte. Zu gerne hätte ich Ihnen dieses Bild jetzt gezeigt, aber leider ging nach kurzer Zeit die Elektrizität aus und es war alles stockfinster, sodass es mir leider nicht mehr möglich war, diesen Moment mit einem Foto festzuhalten.

 

Wir verweilten einen Moment und es war ein Gefühl der Erlösung, zu sehen, in welch schönem Umfeld Lwiza nun weiterwachsen konnte. Zu Edwards Familie gehören nebst seinen zwei leiblichen Kindern auch vier weitere Kinder, die sich, als man sie zu Edward brachte, in einem Gesundheitszustand befanden, der demjenigen Lwizas sehr ähnlich kam. Heute sind sie alle kräftig, lebendig und strahlend.

 

Edward ist für mich ein Mann mit der Fähigkeit bedingungslos zu lieben.

 

Ich verabschiedete mich von Lwiza, flüsterte ihm ins Ohr, dass ich ihn gern habe und dass er wieder gesund werden müsse, da ich schon bald mit ihm die Nationalparks Tansanias entdecken wolle. Wir sahen uns lange in die Augen und ich musste meine Tränen zurückhalten, wollte aber nicht weinen, um den Jungen nicht zusätzlich zu belasten. Ich umarmte ihn lange und tief.

 

Diesen wunderbaren Menschen, den neuen Eltern von Lwiza, sprach ich meinen tiefsten Dank und Respekt aus und eines kann ich Ihnen versichern, in ihren Armen fühlt man sich geborgen.

 

Liebe Leserin, lieber Leser. Am letzten Freitag war mein Geburtstag. Obwohl ich ihn grösstenteils im Bett verbrachte, da ich von Durchfall und Erbrechen gequält wurde, kann ich behaupten, dass ich nie zuvor ein solch wunderbares Geburtstagsgeschenk erhalten habe. Ich weiss nicht, welche Kräfte und Energien im Spiel waren und uns halfen, den besten Platz Tansanias für Lwiza zu finden, aber ich bin sicher, Nuru war daran beteiligt. Ich werde langsam ruhiger, mein Körper und meine Seele erholen sich langsam von den unzähligen Kämpfen und Strapazen und jetzt geniesse ich es einfach zutiefst, dass ich das Glück hatte, Lwiza zu finden und für ihn zu kämpfen. Ich wurde noch nie in meinem Leben von einem Menschen so gebraucht wie von Lwiza und dieses Gefühl zeigt mir, dass ich zweifellos den richtigen Weg gehe – im Einsatz für Menschen, die oft grundlos keine Chancen zum Leben erhalten.

 

Die medizinische Betreuung Lwizas war kostenlos, wie für alle HIV-Patienten. Alles in allem haben wir für die Transportkosten, für Selbstverständlichkeiten wie Pampers, ein Kissen, eine Wolldecke, zwanzig Stück Kleider, eine Seife, ein Körperöl etc. ungefähr 300 CHF ausgegeben.

 

Wir danken Ihnen von Herzen, dass Sie es uns mit Ihrer Spende möglich machen, Kindern wie Lwiza ein neues Leben zu ermöglichen.

 

ASANTE SANA und herzlichst grüsse ich sie aus meiner zweiten Heimat, Tansania.